Der Terroranschlag

Im Januar 1987 legte das deutsche Forschungsschiff Meteor 3 zu einer knapp zehnmonatigen Expedition ab. Für vier junge Forscher wurde es eine Reise in den Tod, für vier weitere zu einem Horrorerlebnis, das bis heute nachwirkt.

Als sich das Forschungsschiff Meteor 3 am 2. Januar 1987 von Hamburg aus auf den Weg zum Mittelmeer machte - seinem ersten Fahrtabschnitt - stand den Forschern eine lange Reise bevor, die über Port Said (Ägypten), Djibouti (Dschibuti), Goa (Indien), Karatschi (Pakistan) und auf dem Rückweg über Dar-es-Salam (Tansania), Djibouti, Jiddah (Saudi-Arabien), Heraklion (Kreta) und Palermo (Italien) führen sollte. Auf dem Programm standen unter anderem Erkundungen und Messungen von "Fauna und Produktion im Tiefenwasser des östlichen Mittelmeeres; Tiefenwasserzirkulation, Produktionsbiologie und Lebensgemeinschaften des Benthos im Roten Meer; Vergleichende sedimentologische und planktologische Prozesse im nordwestlichen Indischen Ozean; oder Leben im sauerstoffarmen Tiefenwasser". Auch ein Trainingskurs über bathymetrische Vermessungstechnik war eingeplant. Es war die fünfte und die erste längere Forschungsreise des 1986 als Nachfolger der Meteor 2 in Dienst gestellten, gut 97 Meter langen und 12 Knoten schnellen Schiffes. Der ausführliche Fahrtbericht der MINDIK-Expedition steht hier zum Download zur Verfügung.

Neben Wissenschaftlern gehörten auch Promovenden und Studenten zur Forschungsmannschaft. Der zweite Fahrtabschnitt der Expedition verlief von Port Said durchs Rote Meer bis zum Hafen von Djibouti. Zufällig tagte dort gerade vom 16. bis 18. März 1987 die erste Geber-Konferenz der IGADD (International Authority on Drought and Development) zur Dürre und Entwicklung in Djibouti. Die Weltbank hatte Vertreter dorthin delegiert. Die Sicherheitskräfte waren sensibilisiert. Im Hafen ankerte die Meteor. Am 17. März flogen die Wissenschaftler Uwe Piatkoswki, Annegret Stuhr, Klaus von Bröckel, Ilka Peeken, Hans-Wilhem Halbeisen und die Studenten Marco Buchalla, Daniel Reinschmidt, Annette Barthelt von Hamburg nach Djibouti. Am Vormittag des 18. März 1987 traf die Gruppe in Djibouti ein und bezog zunächst auf der Meteor ihre Kammern.

Abends trafen sich dann die acht deutschen Studenten und Forscher auf der Terrasse des von Soldaten und französischen Fremdenlegionären in zivil frequentierten Lokals l'Historil, einem im Kolonialstil gebauten Café und Restaurant um noch ein paar Stunden Lokalkolorit zu geniessen bevor dann etwa 3 Wochen Seefahrt folgen sollten. Die Vorfreude der angehenden jungen Meeresforscher auf die Expedition war groβ, es war schließlich nicht einfach, einen der begehrten Plätze auf einem Forschungsschiff wie der Meteor zu ergattern. Für die acht Deutschen war aber, kaum dass sie angekommen waren, an diesem Abend um 19.13 Uhr alles vorbei. Zu diesem Zeitpunkt detonierte in dem Lokal eine Sprengladung mit grauenvoller Wirkung. Sie war unmittelbar vorher von einem palästinensischen Terroristen in der Nähe des Tisches der jungen Deutschen in einer unauffälligen Tasche deponiert worden. Die Studenten Annette Barthelt, Marco Buchalla und Daniel Reinschmidt wurden auf der Stelle getötet. Vier der junge Kieler Meeresforscher überlebten schwerverletzt mit Verbrennungen, Amputationen, Knochenzertrümmerungen, beschädigten Trommelfellen und inneren Verletzungen. Der heimtückische Terroranschlag forderte insgesamt 13 Menschenleben und 41 Verletzte.

 
Ein Teil der zerstörten Front des Terrassencafes und Restaurant l'Historil in Djibouti nach dem Bombenanschlag am 18.März 1987

Die Verletzten wurden zunächst ins französische Militärhospital Djiboutis eingeliefert und notbehandelt. Zwei Tage später flog die Luftwaffe der Bundeswehr die bei dem Attentat getöteten Deutschen und Verletzten aus. Der Rücktransport und umgehende Versorgung in Deutschland wurde vom VLRI Dr. Karl Heinz Kunzmann vom Auswärtigen Amt mit grossem Einsatz perfekt organisiert. Wenig später erlag der Fischereibiologe Hans-Wilhelm Halbeisen im Bonner Uni-Klinikum jedoch seinen schweren Verletzungen.

Der Attentäter - Adouani Hassan ben Hamouda -, ein Tunesier, der samt Bombe mit dem Taxi zum Tatort angereist war, wurde am 19. März 1987 gefasst, 1991 zum Tode verurteilt und, nachdem er Revision eingelegt hatte, zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Er gehörte zur Palästinensischen Volksbefreiungsfront PPLF, einer aus der PLO hervorgegangenen Terrororganisation, die seit etwa Ende der 1970er Jahre existierte.

In der Karte ist die Position des Lokals l'Historil in Djibouti markiert. Nach dem Anschlag wurde das Lokal wieder aufgebaut. Bereits im Dezember 1977 wurde dort ein Anschlag verübt, bei dem mehrere Menschen getötet wurden. 1990 wurde in Djibouti ein Anschlag auf das Café de Paris verübt, ein zeitgleicher erneuter Anschlag auf das l'Historil schlug fehl, die in das Lokal geworfenen Granaten explodierten nicht. 2014 gab es ein erneutes Selbstmordattentat in Djibouti, ebenfalls wieder in einem bei westlichen Ausländern beliebtem Restaurant, dem La Chaumière. Dabei wurden auch mehrere Deutsche verletzt. Trotz dieser prekären Situation ist das Restaurant und Café l'Historil heute laut der Reisemedien in den sozialen Netzwerken ein beliebtes Terrassencafe und Restaurant. Die offiziellen britischen Regierungsdienste schätzen jedoch aktuell die Wahrscheinlichkeit dass Terroristen versuchen könnten, Anschläge in Dschibuti zu verüben als sehr hoch ein. Die Anschläge können wahllos sein und jederzeit stattfinden, insbesondere aber an Orten welche von Ausländern besucht werden, wie Hotels, Restaurants und Einkaufszentren. Auch etwa 35 Jahre nach dem Attentat ist der Besuch von Djibouti immer noch mit einem hohen Risiko verbunden.

 

In den Tagen nach dem Bombenattentat in Djibouti diskutierten die Leitstelle Meteor, die DFG und die beteiligten Wissenschaftler einen Abbruch der gesamten MINDIK-Expedition. Der Schock über das Attentat saß tief und man hatte das Gefühl gegenüber den Opfern und Verletzten die Expedition nicht einfach weiterführen zu können als wenn nichts geschehen wäre. Schliesslich entschied man sich aber doch für die Fortführung der Expedition, man wollte sich dem Terror nicht beugen. Ausserdem waren zahlreiche Examens und Promotionsprojekte an die Gewinnung der Daten von den folgenden Fahrtabschnitten gebunden; man wollte den jungen Wissenschaftlern nicht die Möglichkeit nehmen die die dafür notwendigen Daten sammeln zu können..

 
Etwa 3 Monate später nach den Ereignissen in Djibouti liegt die Meteor vor Nosy Be (eine Insel vor der Küste Madagaskars) auf Reede, fotografiert bei einem Landgang am Abend. Die Meteor-Reise Nr. 5, MINDIK, war die erste längere Expedition des 1986 in Dienst gestellten und damit damals jüngsten Forschungsschiffes der Bundesrepublik Deutschland. Wie ihre Vorgängerin hatte auch die neue METEOR für ihre große Bewährungsprobe als modernes, multidisziplinär einsetzbares und technisch hoch entwickeltes, meereskundliches Forschungsinstrument das Mittelmeer, das Rote Meer und den westlichen Indischen Ozean zum Ziel.

Anmerkungen eines Zeitzeugen

Der Meeresforscher und Journalist Hanns-Joachim Neubert hatte den Auftrag, die erste große Auslandsreise der neuen Meteor für das deutsche Fernsehen zu dokumentieren. Er wollte mit seinem Team die Expedition von Djibouti bis Muscat im Oman begleiten. Der Journalist wurde zum Augenzeugen der verheerenden Folgen des Bombenattentats und hat dazu einen sehr persönlichen Bericht verfasst (1987: Als Dschibuti noch keine Festung war). Der Filmbeitrag über die Expedition wurde dann schliesslich, vor dem Hintergrund der Ereignisse in Djibouti, mit dem Tiel "Schwierige Reise" im Fernsehen ausgestrahlt. Ein kurzer Trailer kann hier aufgerufen werden.